Die Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen wird mehr und mehr durch künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst. Von der Verbesserung der Genauigkeit und Qualität der klinischen Dokumentation bis hin zur Unterstützung der Radiologen bei der Feststellung von Anomalien, um diese vorrangig behandeln zu können: dank künstlicher Intelligenz können Ärzte sich stärker auf eine effiziente Patientenversorgung konzentrieren.
Heutzutage haben die Anwendungen von KI und maschinellem Lernen im Gesundheitswesen dank des Einflusses von tiefen neuronalen Netzen (Deep Neural Networks, DNN) einen entscheidenden Wendepunkt erreicht. Aber was sind neuronale Netze? Das kann man einfach verstehen, wenn man sich ansieht wie Kinder lernen.
Ich habe meinem zweijährigen Kind Wissen über Tiere vermittelt, indem ich auf verschiedene Tiere in einem Buch gezeigte. Mir fiel sofort auf, dass viele Tiere ähnliche Elemente aufweisen. Trotzdem sind Kleinkinder in der Lage, zu lernen, Tiere auseinanderzuhalten. Vier Beine und ein Schwanz — dabei könnte es sich um fast jedes auf dem Land lebendes Tier handeln. Aber eines der Tiere hat einen sehr langen Hals, während das andere einen Rüssel hat. Diese Unterschiede helfen unserem Gehirn, die Informationen zu analysieren. Anschließend wird die richtigen Schlussfolgerung gezogen: eine Giraffe im Gegensatz zu einem Elefanten.
Wie lernen neuronale Netze?
Neuronale Netze sind darauf ausgerichtet, auf beinahe dieselbe Art und Weise wie das menschliche Gehirn zu arbeiten. Es gibt ein Reihe an simplen algorithmischen Knotenpunkten, wie die Neuronen im Gehirn. Diese analysieren Informationsbruchstücke. Anschließend werden Verbindungen hergestellt. Durch diese werden ein komplexes Datenpuzzle zusammengestellt, um zu einer Lösung zu gelangen. Mit „tief“ sind die verschiedenen Schichten gemeint, aus denen sich tiefe neuronale Netze zusammensetzen. Die Zwischenschichten (oder „verborgenen Schichten“) sind auf die Identifizierung von elementaren Teilen (oder „Charakteristika“ ausgerichtet. Anschließend leiten sie das Gelernte an die tieferen Schichten des Netzes weiter. Damit wird ein vollständigeres Verständnis für den Input entwickelt und ein gültiger Output erstellt.
Wie funktioniert maschinelles Lernen?
Genau wie bei meinem Kind und allen Menschen besitzt das Netz zu Beginn kein spezifisches Wissen. Es muss trainiert werden. Anfangs, um beispielsweise zu verstehen, was der Unterschied zwischen Giraffe und Elefanten ist. Durch die Feststellung, dass ein Tier einen langen Hals und das andere einen kurzen hat. Daher werden große Datenmengen mit bekannten Lösungen eingespeist. Wir „lehren“ dem Netz verschiedene Inputs zu interpretieren und zu verstehen. Dies wird als „maschinelles Lernen“ bezeichnet. Als nächstes wird das Netz für medizinische Transkription trainiert. Dazu werden Milliarden Zeilen gesprochenen und der entsprechende Output eingepflegt. Anschließend werden gesprochene Wörter mit entsprechendem Text verbunden. Das tiefe neuronale Netz erhält mehr Input und wird zuverlässiger. Bei Fehlern muss es korrigiert werden. So wird der Kenntnisstand erweitert. Genau wie ein Kleinkind lernt Umrisse und Tiere zu erkennen. So ist das neuronale Netz innerhalb kurzer Zeit in der Lage, die richtige Lösung zu bieten.
Wie verändern tiefe neuronale Netze also das Gesundheitswesen?
Zwei von vielen potenziellen Anwendungsbereiche sind die Verbesserung der klinischen Dokumentation und die radiologische Bildgebung. Klinische Dokumentation beinhaltet eine Vielfalt an Input; von durch Sprache erstellten oder getippten Ärztenotizen bis hin zu Laboren und Medikamenten. Bei der Verbesserung der klinischen Dokumentation prüfen Experten des jeweiligen Fachgebiets üblicherweise die Dokumentation, um sicherzustellen, dass die Ärzte eine genaue Darstellung der Erkrankung und Diagnose ihres Patienten erfasst haben. Allerdings erfordert diese Vorgehensweise Zeit und Ressourcen und kann Ärzten bei ihren Arbeitsabläufen stören. Ein Ansatz zur Automatisierung dieses Prozesses ist eine aufwendige und komplexe Verarbeitung, die die Erfassung und Digitalisierung des Fachwissens umfasst, um eine Wissensgrundlage zu erstellen. Anschließend wird eine Verarbeitungstechnik der natürlichen Sprache angewandt, um so in Echtzeit eine Abfrage für den Arzt zu erzeugen, während dieser seine Dokumentation speichert.
Verbesserung der medizinischen Dokumentation
Der Vorgang wird durch neuronale Netze enorm verbessert. Nun ist bereits vorhandene klinische Dokumentation von Ärzten, die durch Experten des Fachgebiets erstellt wurden, nutzbar. Diese Fakten werden in das neuronale Netz eingespeist. So wird viel Aufwand vermieden. Basierend auf dem, was bereits „gelernt“ wurde, gelangt das Netz eigenständig zu Schlussfolgerungen. Schlussendlich trägt dies zur Verbesserung der Dokumentation bei. Indem die KI die fehlenden Teile oder Verbindungen identifiziert, um Ärzte in Echtzeit zu unterstützen, während diese noch Daten erfassen. Dank KI können Ärzte sich stärker auf Patienten konzentrieren, während das System die Abrechnung, die gesetzlichen Anforderungen, Qualitätsmaßnahmen und Sicherheitsindikatoren in Datensätzen verwaltet.
Nutzen von neuronalen Netzen in der Radiologie
Auswertung visueller Daten, einschließlich radiologischer Bilder, wird durch tiefe neuronale Netze revolutioniert. Als erstes sind die erfahrenen Augen eines Experten erforderlich, der tausende Bilder analysiert hat. Dann können Hinweise zur Bildauswertung erfolgen. Mithilfe von neuronalen Netzen kann diese Erfahrung genutzt werden, indem tausende radiologischer Bilder mit gestellten Diagnosen in das Netz eingespeist werden. Je mehr Bilder, desto „erfahrener“ und genauer wird das Netz. So kann es die subtilen Unterschiede zwischen einem positiven und einem negativen Befund erkennen. Durch diese Technologie wird der umfangreiche Arbeitsablauf von Radiologen verbessert. Zusätzlich wird ihr Wissen erweitert und ihre Produktivität gesteigert. Durch die Unterstützung des Netzes können so beispielsweise lebensbedrohliche Fälle vorrangig behandeln können. Manche Radiologen analysieren heutzutage 100 Bilder täglich. Das stellt sowohl Ärzte als auch Patienten vor große Herausforderungen. Der Mehrwert von KI ist, die Bilder vorab durchzugehen und atypische Bilder zu erkennt. Somit können diese Fälle vorrangig behandelt werden.
Unendliche Möglichkeiten
Die Möglichkeiten hinsichtlich tiefer neuronaler Netze sind unglaublich spannend. Sie sind leistungsstarke Tools, die die menschliche Expertise nicht ersetzen, sondern ergänzen sollen. Ärzte tragen heutzutage so viel Verantwortung. KI ist eine vielversprechende Art und Weise, um ihnen Arbeit abzunehmen und ihnen Möglichkeiten zu bieten, sich mehr auf die Patientenbehandlung und Aktivitäten zu konzentrieren, die eine menschliche Komponente erfordern.