6 Stunden Expertenvorträge, Podiumsdiskussionen und Best Practices, 13 Speaker– die Intelligent Authentication Conference Anfang Juni in München hat gezeigt: Biometrie hat ihren Siegeszug als Authentifizierungsmethode längst angetreten. Doch deutsche Unternehmen scheinen hierbei noch Nachholbedarf zu haben.
Die von Opus Research organisierte Intelligence Authentication Conference in München gab Einblicke in Innovationen im Kundenservice. Wir hörten von den neuesten Entwicklungen in der multimodalen, biometrischen Authentifizierung und was es bei der Einführung eines stimmbiometrischen Systems zu beachten gilt.
Unternehmen müssen die Kundenzufriedenheit durch mehrstufige, komfortable Authentifizierungsstrategien verbessern. Dazu gehört die Synchronisierung ihrer Omnichannel-Angebote mit den Präferenzen ihrer Kunden hinsichtlich Geräten und Kommunikationskanälen. Stimmbiometrie spielt dabei schon jetzt eine zentrale Rolle und genießt hohes Vertrauen bei den Verbrauchern auch in Deutschland. Und doch – auch das sticht hervor – wird sie hierzulande noch deutlich seltener genutzt als in anderen Ländern.
Nachholbedarf in Deutschland
Gerade in eher konservativen Branchen wie dem Bankwesen gibt es noch viel Nachholbedarf: Bei einer repräsentativen Umfrage, die wir im Frühjahr 2019 durchführten, gaben nur 17 Prozent der in Deutschland Befragten an, dass ihre Bank Stimmbiometrie zur Authentifizierung anbietet. Das Gros arbeitet also nach wie vor mit herkömmlichen Lösungen wie PINs und Passwörtern. Dabei würde speziell hier eine biometrische Lösung passen, da die Authentifizierung per Stimme, Fingerabdruck oder Iris-Scan Betrügern kaum Angriffsflächen bietet. Während Hacker Passwörter leicht stehlen können, helfen ihnen Stimmabdrücke bei ihrem betrügerischen Handeln nicht weiter.
In verschiedenen Vorträgen des Tages wurde ebenfalls herausgestellt, dass gerade im Finanzbereich die gezielten Angriffe auf Call-Center zunehmen. Insbesondere versuchen Kriminelle identitätsbasierte Verifizierungsmethoden zu umgehen. Hier sind neue Authentifizierungsansätze gefragt. Je schneller und früher im Prozess ein Kunde seine Identität nachweisen kann, desto effizienter und kundennäher der weitere Gesprächsverlauf. Ganz nebenbei signalisieren Unternehmen mit dem Einsatz einer integrierten Identitätsverifizierung, dass sie Datenschutz, Compliance und Betrugserkennung nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Biometrische Authentifizierungsmethoden spart Kosten
Die Lloyd‘s Banking Group stellte heraus, dass biometrische Authentifizierung das mobile Bankgeschäft für die Kunden einfacher macht. Und mehr noch: Auch die Betriebskosten im Kundenservice sinken, wenn Multi-Faktor-Authentifizierung und damit Stimmbiometrie zum Einsatz kommt. Dies verdeutlichte nicht nur die Panel-Diskussion am Nachmittag, auch die o.e. Nuance-Umfrage kam zu ähnlichen Ergebnissen: Jeder vierte Nutzer von Online- oder mobilen Diensten vergisst wenigstens einmal pro Monat sein Passwort, eine PIN oder den User-Namen. 23% der Befragten kontaktieren deswegen mindestens alle drei Monate eine Servicestelle – ein unnötiges Ärgernis für den Kunden und vermeidbarer Aufwand für die Servicemitarbeiter.
Auch einzelne Versicherungen haben dies bereits vor Jahren erkannt und ihr Helpdesk mit Sprachauthentifizierung signifikant entlastet. So präsentierte eine Versicherung an diesem Tag ihr System, mit dem ihre Mitarbeiter ihren Account mit Stimme entsperren oder Passwörter zurücksetzen können – und das direkt und ohne Einbindung des Helpdesk. Die Versicherung geht davon aus, dass sie auf diesem Weg pro „Passwort zurücksetzen“ ca. 70 US-$ einspart. Die Investition habe sich damit bereits nach einem Jahr amortisiert, so der Sprecher des Unternehmens.
Deutsche Telekom: Erfolgreicher Pionier in Sachen Stimmbiometrie
Dass auch deutsche Unternehmen mit Stimmbiometrie bei ihren Kunden punkten können, präsentierte die Deutsche Telekom. Sie führte vor einem Jahr das Projekt „SprachID“ in ihren Servicecentern ein. Das System, basierend auf der Nuance Security Suite, zieht mehr als 100 physikalische und verhaltensspezifische Merkmale wie Akzent und Rhythmus heran, um daraus einen unverwechselbaren Sprachabdruck des Kunden zu erstellen. Registrierte Telekom-Kunden können sich mit ihrer Stimme sicher anmelden. Ihre 10-stellige Kundennummer müssen sie dafür nicht zur Hand haben, es genügt, eine Passphrase auszusprechen. Auch das Eingreifen eines Servicemitarbeiters bei der Kundenidentifikation ist nicht notwendig – es bleibt mehr Zeit für das eigentliche Anliegen des Anrufers.
Dies hat sich bei der Telekom schon nach wenigen Monaten ausgezahlt. Nach knapp einem halben Jahr hatten sich bereits mehrere tausend Kunden mit ihrer SprachID registriert und wurden nach einer Testphase zu ihren Erfahrungen befragt. 75% von ihnen empfinden den Einsatz ihrer dialogorientierten Authentifizierung als viel bequemer als die Eingabe einer langen ID-Nummer am Servicetelefon.
Die Vorträge verdeutlichten, dass der deutsche Markt inzwischen mehr als reif für Stimmbiometrie zur Kundenidentifikation ist. Nutzer sind es heute gewohnt, Geräte wie ihre Smartphones oder den Bordcomputer ihres Autos sowie Dienste wie Alexa und Siri per Zuruf zu bedienen. Der Schritt zum Einsatz der Stimme als Authentifizierungsschlüssel erscheint daher logisch. Gleichzeitig steht die technologische Weiterentwicklung im Bereich der nahtlosen Identitäts- und Verifizierung nicht still. Das zeigte sich auch in der abschließenden offenen Podiumsdiskussion. Immer im Fokus: innovative, sichere, personalisierte Services für die Kunden.