Im Anschluss einer Roundtable-Sitzung der HIMSS Health 2.0 European Digital Conference erläutert Dr. Simon Wallace, in welcher Form führende IT-Unternehmen das medizinische Personal an vorderster Front bei Überlastung unterstützen können. Angesichts der Verfügbarkeit einer Vielzahl von technischen Lösungen diskutierten die Podiumsgäste Gründe, warum die Einbeziehung von Mitarbeitern bereits von Anfang an, ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Das verbessert einerseits den Workflow und reduziert anderseits zusätzliche Komplexitätsebenen.
HIMSS Health 2.0
Überlastung bis hin zu Burnout-Fälle bei medizinischem Personal sind ein großes Problem. „Emotionale Erschöpfung, Anzeichen einer Depersonalisierung und Gefühle einer verminderten persönlichen Leistungsfähigkeit führen häufig zu negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung, einer steigenden Anzahl von Fehlern sowie einer Minderung des Selbstwertgefühls und der Selbstfürsorge“, erklärte Charles Alessi, Chief Clinical Officer der HIMSS in seiner Beschreibung der Gefühle und Auswirkungen eines Burnout-Syndroms bei medizinischem Personal während der Roundtable-Sitzung im Rahmen der HIMSS Health 2.0 European Digital Conference, an der ich teilnehmen durfte.
Helen Gyves, Chief Nursing Informatics Officer des NHS Foundation Trust der Universitätskliniken Birmingham, beschrieb anschließend leidenschaftlich die „Angst“, die Burnout bei Klinikpersonal noch verschlimmert, sowie die Erwartungen, die täglich auf deren Schultern lastet. „Angst um sich selbst, da alles so unbekannt ist – neue Arbeit, neue Arbeitsumgebung. Angst um das Wohlergehen ihrer Patienten; Angst davor, Fehler zu machen“, erklärte Gyves. „Vom Personal wird erwartet, dass sie ihre Arbeit erledigen, und zwar sachkundig, zuversichtlich und fürsorglich. Von ihnen wird erwartet, dass sie die Arbeit bewältigen. Von ihnen wird die Versorgung von Notfällen erwartet. Von ihnen wird erwartet, dass sie das alles im Rahmen des Budgets erledigen.“
Diese Erwartungen waren bereits vor der COVID-19-Krise schwer zu erfüllen. Ein Hauptproblem, das seit jeher die Fähigkeit beeinträchtigt, Patientenerwartungen zu erfüllen, ist der Zeitfaktor. In Kombination mit der unverzichtbaren klinischen Dokumentation ist die Zeit für die Patientenbehandlung erheblich eingeschränkt. Laut einer Umfrage der Universität von Belfast gaben 47 Prozent der Ärzte an, dass übermäßige Büro- und Verwaltungsaufgaben, z.B. Dokumentation, zu Überlastung beitragen. Berücksichtigt man zusätzlich zur Dokumentation an sich auch die investierte Zeit in die Suche von Informationen, die Prüfung dieser Informationen und häufig die doppelte Dateneingabe, verbringt Klinikpersonal schätzungsweise 50 Prozent seiner Zeit mit der klinischen Dokumentation. Das bedeutet: Ihnen bleiben lediglich ein Bruchteil ihrer Zeit für die Versorgung von Patienten.
Einbeziehung von Personal in Technologie-Deployments zur Burnout-Bekämpfung
Die Charité in Berlin ist eine der größten Universitätskliniken in Europa und hat wie viele andere angesichts der COVID-19-Pandemie ihre Initiativen zur digitalen Transformation intensiviert. Felix Balzer, medizinischer IT-Leiter an der Charité, unterstreicht welch große Bedeutung es hat, dem Pflegepersonal die richtige Technologie an die Seite zu stellen. Zusätzlich weist er darauf hin, dass bei der regelmäßigen Einbeziehung von Mitarbeitern bei der Einführung neuer IT-Systeme, vor allem die Schulungen ein kritischer Faktor sind. „Klinikpersonal wird schließlich für die Arbeit mit Patienten und nicht mit Computern ausgebildet.“
Fredrik Jonsson, Chief Medical Information Officer der Region Skåne in Schweden bestätigt: „Wir beziehen eine hohe Anzahl von Ärzten und Pflegekräften in unsere Konfiguration von Software ein. 70 Prozent der an der Einführung einer Software beteiligten Personen sind Ärzte und Pflegekräfte“, so Jonsson. „Wenn ich mich für einen bestimmten Aspekt entscheiden müsste, wie man klinische Software verbessert, wäre dieser die Einbeziehung von Klinikpersonal in die Entwicklung und Implementierung der Software bereits von Anfang an.“
Eine intelligente Zukunft
Jonsson sprach zudem davon, dass sein Team den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) prüft, um Klinikpersonal nicht nur an den Desktop zu binden, sondern ein ganzheitlicheres Modell zu ermöglichen. Ziel ist es, die Datenqualität zu verbessern und Überlastungen zu reduzieren.
Diesem Ansatz stimme ich ausdrücklich zu. Ich bin der Überzeugung, dass KI bereits jetzt einen wichtigen Teil zur Reduzierung belastender Verwaltungsaufgaben beiträgt. Auf unserem Weg in die Zukunft sehen wir mit dem Einsatz der Technologie „Ambient Clinical Intelligence“ (ACI) in Behandlungszimmern eine immer tiefgreifendere Präsenz von Künstlicher Intelligenz. Die ACI-Lösung von Nuance mit dem Namen „Dragon Ambient eXperience“ (DAX), eine Innovation von Nuance und Microsoft, basiert auf jahrzehntelangen Erfahrungen im Gesundheitswesen, Investitionen in intensive Forschungsarbeiten im Bereich Conversational KI und unternehmensorientierten Cloud-Diensten. Nuance DAX nutzt die bewährte Leistungsfähigkeit der Software Nuance Dragon Medical, der bereits weltweit über 550.000 Ärzte vertrauen, und erweitert diese mit den aktuellsten Fortschritten in der Ambient-Sensing-Technologie und KI für die Erzeugung eines vollständig sprachgesteuerten Behandlungszimmers. Dadurch können sich Ärzte auf ihre Patienten konzentrieren, während die KI die Daten der virtuellen Visite im Kontext erfasst und eine klinische Dokumentation erstellt, die sich von selbst schreibt. Diese Technologie wurde kürzlich in den USA auf den Markt gebracht und ändert bereits die Art, wie wir Gesundheitsfürsorge betreiben.
Ich danke HIMSS herzlich dafür, mir die Teilnahme an dieser Sitzung ermöglicht zu haben. Sie können hier die Aufzeichnung der gesamten Diskussion ansehen, falls Sie diese verpasst haben sollten.